Samstag, 20. Juni 2009

This is Singapore!


Gestern abend war ich noch relativ spaet in der Naehe meines Zuhauses etwas essen. Ich hatte mir vorgenommen die Gegend in de rich wohne etwas zu erkunden und besser kennenzulernen. Ausserdem war Freitag Abend und so entschied ich mich, in die “People Like Us” – Bar zu gehen um dort noch etwas zu trinken und mein Buch zu lesen. Wenn man reinkommt sieht es dort aus wie in einem normalen Café, geht man aber in den ersten Stock, muss man zuerst die Schuhe ausziehen und kommt in einen verwinkelten Wohnzimmerartigen Raum. Es stehen ueberall kleine Tische herum und die leute sitzen auf grossen Kissen direkt auf den Boden. Sie trinken, essen (das versteht sich von selbst), spielen Brettspiele oder feiern ziemlich lautstark Geburtstag. Mir gefiel es dort ziemlich gut und gluecklicherweise war noch ein einzelner Tisch fuer mich frei.

Gegen halb 2 machte ich mich dann auf den Weg nach Hause, ich wollte endlich mal wieder ausreichend schlafen, dumm nur, dass irgendjemand die Tuer abgeschlossen hatte. Ich habe keinen Schluessel und normalerweise bleibt die Tuer immer offen – Kriminalitaet gibt es hier so gut wie nicht. Mir blieb nichts anderes uebrig als zu klingeln aber niemand machte mir auf. Ich begann mit Nachdruck zu klingeln, dann mit wuetenden Ernst aber selbst als ich Sturm klingelte machte niemand auf. Dann ging ich dazu ueber am Nachbarhaus, wo der Sohn wohnt, zu klingeln – leider genauso erfolglos. Inzwischen war es nach 2.

Ich ueberlegte draussen zu schlafen, sah dann aber eine grosse Ratte vorbeilaufen und entschied mich spontan dagegen. Schliesslich kam ich auf die Idee ueber den Hintereingang ins Haus zu kommen. Ich wusste, das es da nur einen Zaun und eine Mauer gab, ueber die zu klettern kein Problem sein sollte. Um dort hinzukommen, musste ich allerdings ueber das Gelaende (Foto) einer ehemaligen Schule laufen, dass jetzt etwas beherbergt was sich die “Girls Brigade” nennt. Von meinem Zimmerfenster kann ich auf dieses Gebaeude gucken und mir war das von Beginn an sehr suspekt gewesen. Staendig liefen dort junge Maedchen auf und ab, mussten manchmal auch stramm stehen und zu allen ueberfluss wurde ich morgens manchmal von lauten geschrei geweckt, dass mich an das anheizen bei der Armee oder bei Footballspielen erinnerte. Was genau dort passiert, weiss ich allerdings nicht.

Ich lief um das Grundstueck herum zur Hauptstrasse, wo ich nur ein verschlossenens Tor vorfand. An einer Stelle wo die Muelltonnen stehen, kletterte ich ueber die Mauer und kurz schuss mir der Gedanke daran, dass Singapur ja ein strikter Polizeistaat ist, durch den Kopf und ich sah mich schon einer drakonischen Strafe wie zum Beispiel sechs Stockhieben ausgesetzt. Ich verdraengte die Bilder aber wieder schnell.

Wer schon einmal bei Nacht durch eine Schule oder ein aehnliches oeffentliches Gebaeude gelaufen ist, kennt vielleicht das komische Gefuehl, dass von solchen Orten ausgeht, die sonst mit Leben gefuellt sind, aber jetzt tot da liegen. Es brannten noch vereinzelt Lichter aber ich ging nicht davon aus, dass noch irgendjemand ausser mir sich dort befaende. Ich ging eine Treppe hinab und kam in den Teil, den ich von meinem Zimmerfenster aus sehen konnte. Es standen einige Tische rum und in dem schummrigen Licht sah ich, das seine Frau mit dem kopf auf einem der Tische schlief. Das machte die ganze Situation irgendwie noch skuriler. Ploetzlich hoerrte ich hinter mir noch ein Geraeusch, ich drehte mich um und sah eine zweite Frau, die wohl auch dort geschlafen hatte und nun mit zutiefst erschrockenen Gesicht vor mir zurueckwich. Sie schrie herum, waehrend ich versuchteauf sie einzureden, dass sie keine Angst haben muesse. Wahrscheinlich dachte sie, ich wolle an eines ihrer Maedchen ran. Seltsamerweise fand ich die Erfahrung sogar ganz interessant und genoss sie sogar ein wenig. Ich wuesste nicht, wann ich je irgendwo sonst etwas aehnliches erfahren koennte. Allerdings dachte ich zu diesem Zeitpunkt, dass ich die Dame gleich beruhigen koennte und sich alles in Wohlgefallen aufloesen wuerde. Das war leider nicht der Fall. Ich versuchte ihr meine Situation zu erklaeren, mir war aber das chon bewusst, dass jemand der die ganze Nacht mit dem Kopf auf einem Tisch verbringt, wenig Verstaendnis fuer mien beduerfnis nach einem Bett haben duerfte, und so sie schrie sie nur irgendetwas von wegen Polizei, davon konnte ich sie Gott sei Dank abhalten, und schimpfte sich richtiggehend in Rage. Ich begann gerade zu hoffen, dass sie mit ihrer Schreierei vielleicht die Bewohner meines Hauses aufwecken koennte, da gipfelte ihre wuetende Predigt in dem Ausruf “You cannot do this! This is Singapore!” Als sie merkte, dass mich das eher amuesierte, brahte sie mich immernoch zeternd zum Tor und schmiss mich raus. Ich war so nah an meinem Ziel gewesen und sass wieder auf der Strasse. Sie rief mir nach, dass die Nachbarn bestimmt die Polizei gerufen hatten und die gleich kommen wuerde, dann verschwand sie wieder.

Ich ging zurueck zum haus und setzte mich auf den Bordstein. Irgendwann hatte ich dann zufaelligerweise in den Untiefen meines Rucksack die Telefonnummer der Schwiegertochter gefunden. Sie ging Gott sei Dank ans Telefon, kam herunter und zeigte mir zu meiner Bestuerzung, dass die Tuer zur Veranda die ganze Zeit offen gewesen war. Um viertel nach drei kam ich dann auch mal ins Bett. Vielleicht gehe ich bald mal wieder zur "Girls Brigade".

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